Die Mitarbeiterbindung ist das relevanteste Handlungsfeld für HR. Sie spart nicht nur Kosten ein, sondern wirkt sich gleichzeitig auf den Erfolg des Unternehmens aus. Doch welche Maßnahmen werden benötigt, um die Mitarbeiter*innen zu binden und zu begeistern?
Das Sorgenkind “Mitarbeiterbindung”
Laut der aktuellen “Face the change”-Studie von Indeed ist die Wechselbereitschaft bei mehr als der Hälfte der Berufstätigen im Rahmen der Coronakrise gestiegen. Gleichzeitigdenken fast die Hälfte der befragten HRler*innen einer Studie von Robert Half, dass die Fluktuation der Mitarbeitenden gestiegen ist. Dass die Mitarbeiterbindung in diesem Rahmen relevanter denn je ist, sollte auf wenig Überraschung stoßen. Schließlich belasten Kündigungen nicht nur das Team, das die Arbeit des verlorenen Mitglieds auffangen muss, bis eine neue Kolleg*in gefunden wurde. Sie wirken sich zusätzlichauf die Firmenkasse aus.So liegt der durchschnittliche Mindestbetraglaut Deloittepro Fluktuationsfall bei rund 14.900 Euro.
Was ist nun der Grund für hohe Fluktuationszahlen? Zu wenig Wertschätzung, ein fehlender “Sinn” der eigenen Arbeit, ein zu hohes Arbeitspensum und enttäuschte Erwartungen sind hier nur ausgewählte Beweggründe für Mitarbeitende, das Unternehmen zu verlassen.
Das heißt:
Grundsätzlich stehen alle diese Beweggründeunter dem gleichen Stern: Einer zu geringen Mitarbeiterbindung.Wer sich mit der aktuellen Stelle identifizieren kann und sich im Unternehmen wohlfühlt, wird eine Kündigung seltener in Betracht ziehen als jemand, der mit den Strukturen und der Arbeit unzufrieden ist. Arbeiten Unternehmen nicht aktiv daran, die Beziehung zu ihrem Personal möglichst positiv zu gestalten, werden die Mitarbeitenden früher oder später eine “Trennung” in Erwägung ziehen. Deswegen stellen wir im Folgenden Maßnahmen vor, um die Mitarbeitenden langfristig an das eigene Unternehmen zu binden.
Mitarbeiterbindung ist mehr als die Verringerung der Fluktuation
Die Bindung der eigenen Mitarbeiter wirkt sich auf mehr als das bloße Verhindern von Kündigungen aus. Sie geht gleichzeitig Hand in Hand mit der Motivation und Leistungsbereitschaft des eigenen Teams. Sind die Mitarbeitenden mit der Organisation, der Führung, dem Team und ihrer Aufgabe zufrieden, werden sie motivierter sein, einen Teil zum Unternehmenserfolg beizutragen. Damit fördert die Mitarbeiterbindung auch aktiv das Wachstum und den Erfolg eines Unternehmens.
Zudem können erfahrene Mitarbeitende bessere Leistungen erbringen als Teammitglieder, die zuerst noch die Zeit benötigen, sich einzuarbeiten. Auch eingespielte Teams sind in ihrer Arbeit produktiver, wenn sie sich aufeinander – das Teamwork – verlassen können.
Ein kleiner Tipp von uns:
Um ein Verständnis für die einzelnen Phasen des Teambuildings aufzubauen und mit auftretenden Problemen bestmöglich umzugehen, empfehlen wir das Tuckman Phasenmodell. Bei neuen Teams ist besonders der Anfang nicht immer leicht. Mit dem Modell können die Teamleads bestimmen, in welcher Phase der Teambindung sie stehen und entsprechende Maßnahmen ableiten. SolohnensichzuBeginnbesondersTrainings,dieeinGemeinschaftsgefühlstärken,währendspäterdas FestlegenverbindlicherRegelnzielführenderist.
Des Weiteren bringt ein gleichbleibendes Team auch auf Kundenseite, vor allem ausSales- und Kundenmanagement-Sicht, Vorteile mit sich. Eine gleichbleibende Ansprechpartner*in sorgt, bei einem guten Verhältnis, für eine bessere Bindung und erleichtert dabei die Kommunikation und Verhandlungen untereinander. Schließlich kennen sich beide Parteien und wissen dadurch, was von dem anderen erwartet und gewünscht wird.
Zu guter Letzt lohnt sich eine Erwähnung des positiven Effekts auf die Employer Brand:
Die Mitarbeiterbindung beginnt nicht erst nach Unterschreiben des Arbeitsvertrags. Eine gute Auswahl der Kandidat*innen, mit Blick auf den Cultural- und Person-Job-Fit ist Voraussetzung dafür, dass sich die Mitarbeitenden später wohl in der Organisation fühlen. Hierbei gilt vor allem, auf die Erwartungen der Kandidat*innen zu achten. Sie mit ansprechenden Benefits oder einem tollen Teamzusammenhalt zu übertreffen, ist natürlich der Optimalfall. Hat allerdings eine hochqualifizierte Kandidat*in zu hohe Erwartungen an die Stelle, lohnt es sich nicht, sie mit leeren Versprechen ins Unternehmen zu locken. Schließlich kommt das böse Erwachen spätestens in den ersten Arbeitswochen – und resultiert meist in einem schnellen Absprung.
Alles zur optimalen Gestaltung des Bewerbungs- und Auswahlprozesses haben wir hier zusammengestellt.
Mit welchen Maßnahmen binde ich meine Mitarbeiter*innen?
Grundsätzlich können die Mitarbeitenden an vier unterschiedlichen Stellen an das Unternehmen gebunden werden. Werden alle vier erfüllt, istdie Wahrscheinlichkeit, dass die Mitarbeiter*in das Team wieder verlässt, am geringsten. Diese vier Bereiche sind:
Die Bindung an das Unternehmen/die Organisation
Die Mitarbeiter*in fühlt sich zu dem Unternehmen als Ganzes verbunden und unterstützt, was die Organisation zu der Gesellschaft beiträgt.
SocialResponsibility, Identifikation mit Unternehmenswerten, Cultural-Fit
Insgesamt gibt es fünfkonkrete Maßnahmen-Säulen, die sich auf die Zufriedenheit der Mitarbeitenden auswirken.
1. Möglichkeiten zur Arbeitsorganisation
In diesem Punkt geht es darum, das Arbeitsumfeld der Mitarbeitenden zu optimieren, um sie bei der Work-Life-Balance zu unterstützen und eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen. Wer sich am eigenen Arbeitsplatz wohlfühlt, wird seine Aufgaben motivierter und stressfreier erledigen können. Maßnahmen, die in diesem Feld getroffen werden können, sind:
flexible Arbeitszeiten,
Vermeidung von Überstunden,
Homeoffice-Optionen,
ein sehr gut ausgestatteter Arbeitsplatz je nach den Anforderungen,
Optionen zur Kinderbetreuung und
kostenlose Verpflegung.
2. Die Unternehmenskultur und -kommunikation fördern
Ob zwischen Teamkolleg*innen oder über die Hierarchien hinweg: Eine offene Kommunikation ist das A und O, um Probleme zu identifizieren und Prozesse zu verbessern. Gleichzeitig wirkt sich eine definierte und vor allem gelebte Unternehmenskultur stark auf die Beziehungen innerhalb des Unternehmens aus. Hier stehen folgende Punkte im Vordergrund:
Transparent kommunizierte Unternehmenswerte,
Umsetzung dieser in allen Abteilungen (eine gelebte Kultur),
Social Responsibility,
Umsetzung einer Feedback-Kultur (Mitarbeiterbefragungen, Exit-Interviews),
Teamevents, Betriebsfeiern,
Wertschätzung.
3. Ein umfangreiches Onboarding
Besonders in den ersten 12 Monaten ist die Gefahr, dass ein neu eingestelltes Mitglied wieder kündigt, besonders hoch. Schließlich hat sie oder er im Laufe des Bewerbungsprozesses eine gewisse Erwartungshaltung aufgebaut. Die ersten Wochen und Monate entscheiden nun, ob diese Vorstellung der Realität entspricht – und bilden deswegen ein höheres Potenzial für Enttäuschungen. Maßnahmen, um diese zu verhindern, sind beispielsweise:
ein sanfter Einstieg ins Unternehmen und die Arbeitsaufgaben(nicht gleich die Leistung erfahrener Mitarbeiter erwarten),
den Arbeitsplatz vorbereiten (wichtiges Equipment,Willkommensgeschenk),
wichtige Fakten zur Organisation und den Abläufen übermitteln,
positiv eingestimmte Kolleg*innen, die dem neuen Teammitglied hilfsbereit und offen gegenübertreten.
4. Die Personalentwicklung fördern
Laut einer Studie von Xing über die Wünsche für das Arbeitsjahr 2021 gaben die meisten der Befragten (62%) an, sich weiterentwickeln zu wollen. Neue Herausforderungen und Ziele können die Mitarbeitenden motivieren und zu neuen Leistungshöhepunkten anstiften. Damit bringt die Weiterentwicklung der Mitarbeitenden auch immer Vorteile für den Arbeitgeber mit sich. Maßnahmen in diesem Bereich sind:
Schulungen, Weiterbildungen und Seminare,
internes Mentoring, Coaching- und Nachwuchs-Programme,
Jobenlargement, Jobenrichment und Jobrotation,
Aufstiegs- und Karriereperspektiven,
Talent Management (Förderung der “High Potentials”),
Projektarbeit.
5. Finanzielle und gesundheitliche Vorteile bieten
Zeigen, dass das Wohlbefinden der Mitarbeitenden dem Unternehmen am Herzen liegt und gleichzeitig die Arbeit des Teams angemessen entlohnen: Gesundheit und Gehalt sind zwei wichtige Punkte auf der Agenda von Arbeitnehmenden. Zusatzleistungen, rund um die normale, monatliche Bezahlung und die rechtlich vorgegebenen Maßnahmen, schätzen Mitarbeiter*innen besonders und stärken ihre Bindung. Hierzu zählen:
Auf Seiten der Gesundheit:
betriebliches Gesundheitsmanagement,
Gesundheitskurze und –beratungen,
Unterstützungen für das Fitnessstudio,
Firmenrad,
betriebliche Sportangebote.
Auf Seiten der monetären Vorteile:
Bonuszahlungen,
betriebliche Altersvorsorge (mit Möglichkeiten zur individuellen Anpassung),
Firmenwagen,
Fahrkostenzuschüsse,
Gutscheine,
kostenlose Getränke- und Essensversorgung,
Urlaubs- und Weihnachtsgeld,
geldwerte Vorteile.
Für eine optimale Zufriedenheit: Anpassung an Bedürfnisse
Die Reihe der Maßnahmen ist lang und teilweise in der Umsetzung sehr komplex. Braucht es wirklich all das, um die Mitarbeitenden zufriedenzustellen?Selbstverständlich nicht. Berufstätige Eltern freuen sich so beispielsweise über flexible Arbeitszeiten und Möglichkeiten zur Kinderbetreuung – sind aber kaum an Seminaren am Wochenende interessiert. Jemand, der jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, benötigt kein Jobticket, lässt sich aber möglicherweise für Fitnessangebote begeistern. Um das Beste aus den Maßnahmen herauszuholen, müssen diese an die Belegschaft angepasst werden.
Hierbei müssen Aufwand und Nutzen abgewogen werden:
Ein Obstkorb oder Tischkicker sind leicht zu besorgen, treffen aber, je nach Belegschaft, auf mehr oder weniger Begeisterung. Zu bedenken sind beispielsweise auch Techniker*innen oder Außendienstmitarbeitende, die meist außer Haus arbeiten und damit kaum von den Benefits am Unternehmensstandort profitieren. Für diese Mitarbeitende müssen Alternativen geschaffen werden, um mögliche Nachteile gegenüber den Kolleg*innen vor Ort aufzuwiegen. Möglichkeiten sind hier beispielsweise Weiterbildungsmöglichkeiten, Firmenwagen oder kostenlose Besuche im Fitnessstudio.
Priorität Nummer 1: Das Interesse der Mitarbeitenden!
Besonders bei komplexeren Maßnahmen wie der Einführung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements oder Coaching- und Mentoring–Programme, sollte vorher überprüft werden, ob die Belegschaft an solchen Möglichkeiten überhaupt interessiert ist.Dabei spielen auch der Sinn und die Notwendigkeit der Maßnahmen eine Rolle. So kann beispielsweise eine Techniker*in an einem Kommunikationscoaching interessiert sein – was allerdings für die Tätigkeit im Unternehmen kaum wertschöpfend ist.Für die Auswahl der Maßnahmensollten Umfragen und Gespräche hinzugezogen werden, damit die Vorstellungen der Mitarbeitenden mit denen des Unternehmens weitestgehend zusammengeführt werden können.
Mitarbeiterbindung ist ein Geben und Nehmen
Welche Maßnahmen auch gewählt werden, um den Erfolg im Rahmen einer höheren Leistungsfähigkeit und geringeren Fluktuation zu sähen– sie müssen auf die Belegschaft angepasst werden. Voraussetzung hierfür ist es, die Bedürfnisse und Wünsche der Mitarbeitenden im Blick zu haben. Regelmäßige Mitarbeiter- und Feedback-Gespräche können helfen, die richtigen Maßnahmen zu wählen. Aber auch Exit-Interviews unterstützen dabei, die Gründe für Kündigungen zu verstehen und die eigenen Prozesse anzupassen.
Grundsätzlich gilt: Jedes Teammitglied steckt ein Stück von sich selbst in das Unternehmen – das eigeneKnow-How, die Zeit und Anstrengung. Ziel des Arbeitgebers muss es sein, von sich selbst etwas beizusteuern – Wertschätzung, eine positive Arbeitsatmosphäre, Benefits –, damit der “Vorrat” der Mitarbeitenden nicht aufgebraucht wird und in Unzufriedenheit und geringerer Leistungen resultiert. Die Arbeitsbeziehung muss ein Geben und Nehmen sein – nur dann ist sie von gegenseitigem Vorteil.
Unsere Learnings
Unternehmen, die gezielt in Mitarbeiterbindung investieren, reduzieren nicht nur die Fluktuationsrate und die damit verbundenen Kosten. Sie erhöhen Motivations- und Leistungsbereitschaft, verbessern Kundenbeziehungen und ziehen dabei neue Kandidat*innen an.
Mitarbeiter*innen können über unterschiedliche Felder des Unternehmens an dieses gebunden werden. An die Organisation als Ganzes, das Team, die Aufgabe oder die Führung. Wer hier auf allen Ebenen die Erwartungen und Wünsche der Mitarbeitenden erfüllt, wird eine besonders starke Bindung erreichen.
Die Reihe an möglichen Maßnahmen zur Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit ist lang. Wichtig ist jedoch, die Maßnahmen auszuwählen, die sich die Mitarbeitenden auch wirklich wünschen. Hier helfen Mitarbeitergespräche und -umfragen, um einen möglichst hohen Nutzen aus dem Aufwand zu ziehen.
Die selektive Mitarbeiterbindung ist eine gute Möglichkeit für größere Unternehmen, die Komplexität der individuellen Förderung zu reduzieren und besonders talentierte Mitarbeitende zu fördern. Hier sollte darauf geachtet werden, andere Mitarbeiter*innen nicht zu benachteiligen und damit zu frustrieren.
https://ggeasynoobs.de/wp_easy/wp-content/uploads/2021/04/Mitarbeiterbindung-1.jpg373713Laura Goynhttps://ggeasynoobs.de/wp_easy/wp-content/uploads/2019/01/Webp.net-resizeimage-min.pngLaura Goyn2021-05-24 08:00:462021-06-09 08:07:25Mitarbeiterbindung: Wie Unternehmen ihr Team halten und stärken
Externe Veränderungen können nur gemeistert werden, wenn sich auch die intern, bestehenden Prozesse anpassen. Die Rolle „Human Relations“ hat eine weitreichendere Funktion als sie in vielen Unternehmen aktuell tatsächlich ausüben kann. Deshalb braucht HR einen neuen Status.
Die Personalarbeit: Wandel vs. Status Quo
Digitalisierung: Viele Personalabteilungen befinden sich in einer Zwickmühle. Einerseits heißt es, dass sie sich transformieren müssen: digitaler, agiler und effizienter. HR muss aus der Rolle des verwaltenden Gremiums raus, um die Zukunft des Unternehmens strategisch mitgestalten zu können. In vielen Köpfen ist dieser Wille nach Veränderung vorhanden. Andererseits zeigt sich im Alltag ein ganz anderes Bild. Verschiedene Studien decken diese Realität auf. Beispielsweise geben laut HR-Future-Studie die Hälfte der HR-Expert*innen an, dass ihre Personalprozesse nur teilweise automatisiert sind. Eine weitere Untersuchung erklärt, dass nur 8% der HR-Strukturen in mittelständischen Unternehmen komplett digitalisiert seien. Ein ernüchterndes Ergebnis, denn Personaler*innen betonen, dass sie fast die Hälfte ihrer Arbeitszeit mit Verwaltungsaufgaben verbringen. Bevor die Welle der HR-Transformation richtig angestoßen werden kann, gibt es noch einiges zu tun.
Change Management: Für einen erfolgsversprechenden Change-Management-Prozess braucht es die Zusammenarbeit aller Unternehmensabteilungen und damit allen voran die Unterstützung der Führungsetage. Und genau hier scheinen die Welten zwischen Wunsch und Realität stark voneinander abzuweichen. Beispielsweise sagen zwei Drittel aller befragten Personalabteilungen bei einer Umfrage von Talention, in diesem Jahr (2021) kein zusätzliches Recruiting-Budget zur Verfügung gestellt zu bekommen. Wenn das Banking aus der Chefetage nicht entsprechend an die veränderte Arbeitsmarktsituation angepasst wird, aber gleichzeitig die Erwartungshaltung steigt, nach wie vor „hunderte“ Bewerbungen pro Stelle zu erzielen, wird es mit dem Aufbruch in die Gestalterrolle schwierig.
Die zentralen Herausforderungen für HR
In unserer täglichen Arbeit bei whyapply sehen auch wir, in welcher Konfliktsituation HR steckt. Zunächst einmal muss man an dieser Stelle festhalten, dass die meisten aller Personaler*innen, mit denen wir zusammenarbeiten, für ihre Sache brennen und sich nichts weniger wünschen, als das Recruiting und Employer Branding in ihrem Unternehmen auf ein neues Level zu heben. Dabei kämpfen sie mit drei Herausforderungen:
1. Druck von überall
Der Druck aus den Fachbereichen und der Führungsebene, die Stellen zu besetzen, ist omnipräsent. In sehr vielen Fällen ist HR weniger ein strategischer Partner, sondern mehr “williger Erfüllungsgehilfe”, der für neue Bewerber*innen sorgt. Am ehesten ist in dieser Sichtweise HR mit dem Einkauf zu verstehen, der die neuen Maschinen “ranschaffen” soll. Natürlich immer gestern und möglichst kostenlos.
2. Mangelnde Kapazitäten
HR ist in aller Regel keine Abteilung im Unternehmen, die mit Überkapazität gesegnet ist. Infolgedessen ist das Ausprobieren neuer Lösungen und das Verfolgen langfristiger strategischer Ansätze, meist in einem Konflikt mit den überladenden Aufgaben des Tagesgeschäfts.
3. Große Anzahl an HR-Lösungen
Hinzu kommt, dass es mittlerweile eine nahezu unerschöpfliche Anzahl an Dienstleistern auf dem Markt gibt, welche – und das ist auch nur mehr als verständlich – den Personalabteilungen allen das Heil versprechen. Aufgrund von Druck und Zeitmangel haben viele Personaler*innen im Alltag nicht die Möglichkeit, die einzelnen Anbieter und Lösungen sowohl technisch, funktionell, aber auch vor dem Hintergrund vom Abgleich zur Firmenidentität etc. zu prüfen.
Es gibt Personalverantwortliche, welche den zuletzt genannten Punkt in Form von Blog-Diskussionen, Twitter oder ähnlichem nach Feierabend oder am Wochenende in privater Weise nachverfolgen, um in ihrer Profession den Anschluss nicht zu verlieren. Allerdings können nicht alle diese Möglichkeit in solch einem Umfang wahrnehmen. So oder so gibt es eine Vielzahl an Angeboten, die aufgrund der stärkeren Wettbewerbssituation je nach Zielgruppe, ihre Berechtigung im Recruiting-Mix haben und brauchen! Denn ein einziger Ansatz reicht nicht aus, um die Herausforderungen in der Personalgewinnung zu lösen. Nicht selten hören wir im Gespräch mit Recruiter*innen, dass die “altbekannten” Methoden nicht mehr den gewünschten Erfolg bringen.
Sechs zentrale Problemstellungen im Recruiting
Diese Rückmeldungen spiegeln sich auch in den Erfahrungen unseres Vertriebs im Austausch mit Personalverantwortlichen wider. Daraufhin haben wir folgende Schmerzpunkte definieren können:
Qualität:
Über die bisherigen Kanäle bewerben sich Kandidat*innen, die nicht den Anforderungsprofilen entsprechen.
Quantität:
Das Unternehmen erhält nicht genügend Bewerber*innen, um die offenen Vakanzen zu besetzen. Im Zuge der demographischen Entwicklung und damit einhergehenden Mangels in einigen Berufen, ist dies die am Häufigsten genannte Ursache.
Altlast bestehender Tools:
Aus verschiedenen Gründen funktionieren bestehende Kanäle nicht, die allerdings dennoch ihren Platz im Unternehmen genießen. Dies kann beispielsweise bei Rahmenverträgen der Fall sein.
Zeitdruck:
Aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse, wie plötzliche Personalverstärkung durch Auftragseingänge, den Absprung einer schon gesetzten Kandidat*in oder der spontanen Kündigung einer Mitarbeiter*in, muss die Besetzung einer Vakanz sehr schnell vonstattengehen.
Budgetmangel:
Dies kommt vor allem bei Spezialisten-Positionen zum Tragen, die mit herkömmlichen Recruiting-Maßnahmen, wie beispielsweise der Stellenanzeige, nicht besetzt werden können. Hier bedürfte es oftmals „höherpreisige“ HR-Lösungen, wofür es allerdings selten eine Budget-Freigabe gibt. So wird ein Mittelweg eingeschlagen und gehofft, mit kostengünstigeren Maßnahmen einen ungefähren Ersatz zu erreichen. In der Regel geht die Rechnung nicht auf. Denn die Kür im Recruiting liegt in der Qualität statt der Quantität der Bewerbungen. Insbesondere bei Spezialisten-Vakanzen ist dies nur schwer zu erreichen.
Alarmstufe Rot:
Alle bisherigen Maßnahmen sind ins Leere gelaufen. Mit zunehmendem Besetzungsdruck steigt (erst dann) die Bereitschaft, etwas Neues auszuprobieren.
Wird eine neue Methode getestet oder in den Recruiting-Mix aufgenommen, steht meist ein konkreter Bedarf, wie die Besetzung einer vakanten Position, dahinter. Das klingt erstmal logisch. Wir kennen es alle, solange alles halbwegs gut geht, wiegen wir uns in Sicherheit – auch wenn am Horizont schon das Unheil lauert. Gehen aktuell noch Bewerbungen ein, verschwindet schnell das Bewusstsein, dass sich dies schnell ändern kann. So zeigt sich der demografische Wandel längst im Recruiting – aber das Verständnis jetzt zu handeln und nicht erst wenn es bereits zu spät ist, ist noch nicht überall da.
HR will sich verändern
Eine erfreuliche Tendenz ist, dass immer mehr Personaler*innen und Führungspositionen bestimmte Themen mit hoher Priorität auf die eigene Agenda nehmen. Beispielsweise, dass …
Kandidat*innen keine endlosen, formalen Prozesse wollen, sondern wenig Hürden, um so die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass sie sich bewerben.
die Mehrheit an Arbeitnehmer*innen nicht aktiv auf Jobsuche ist, sondern sich in einem Arbeitsverhältnis befinden, welches sie aber bei einer spannenden Herausforderung wechseln würden.
eine zielgruppenspezifische Ansprache notwendig ist, um nicht mehr, sondern die richtigen Kandidat*innen zu erreichen und somit das Recruiting effizienter zu gestalten und
Kandidat*innen auch in ihren privaten Social-Media-Kanälen für Berufscontent empfänglich sind und somit Recruiting auch abseits von Businessnetzwerken funktioniert. Dieser Punkt ist besonders spannend, da eine unserer Untersuchungen aus dem Vorjahr feststellte, dass 50% der Top-Talente kein Profil auf XING oder LinkedIn haben und somit auch nicht dort auf dem Radar der Personaler*innen auftauchen. Aktuelle Zahlen zeigen sogar, dass nur 38% aller Arbeitnehmenden in Deutschland Xing nutzen. Mit dem Einbezug der sozialen Netzwerke erreicht man einen größeren Teil der Zielgruppe.
Unser Tipp:
Der Knackpunkt liegt im Perspektivwechsel. Wir empfehlen, dass jede Recruiter*in einmal die Candidate Journey des eigenen Bewerbungsprozesses durchspielen sollte. Ganz einfach gesagt: Sich einmal selbst beim eigenen Unternehmen bewerben, um somit mögliche Schwachstellen und Optimierungspotenziale herauszufinden. Denn es ist ganz normal, dass man mit der Zeit bestimmte Hürden nicht mehr wahrnimmt (Stichwort: Betriebsblindheit). Daher ist es zusätzlich hilfreich, sich Rückmeldungen von neuen Teammitgliedern einzuholen und danach zu fragen, welche Punkte man noch verbessern kann.
Eine langfristige Recruiting-Strategie verfolgen
Aus dem Marketing ist bekannt, dass für eine Kaufentscheidung mindestens fünf bis sieben Kontaktpunkte nötig sind. Und auch im Recruiting sind verschiedene Kontaktpunkte der Schlüssel zum Erfolg. Doch ist dies nicht eins zu eins übertragbar. Schließlich ist ein Jobwechsel eine durchaus weitreichendere Entscheidung als beispielsweise der Kauf einer neuen Jacke. Das heißt es sind wesentlich mehr Touchpoints erforderlich und meist ist es ein Mix an Kanälen, die dazu führen, dass eine Kandidat*in Interesse an einem neuen Job hat. Bei einem Autokauf brauchen die Konsument*innen rund 24 Touchpoints – das kommt einem Jobwechsel schon eher gleich.
Natürlich kommt es auch vor, dass kurzfristig eine Stelle besetzt werden muss. Daher ist es sinnvoll mittels einer langfristigen Recruiting- und Employer-Branding-Strategie dauerhaft in der Zielgruppe sichtbar zu sein, um mit Einzelmaßnahmen dem kurzfristigen Need entgegenzuwirken. Der Vorteil unserer JobChallenges ist es, dass diese sowohl zur Besetzung beiträgt als auch mit echtem Job-Content zu einer erhöhten, nachhaltigen Sichtbarkeit des Arbeitgebers und der spannenden Vakanzen innerhalb der relevanten Zielgruppe führt. Letzteres wird nochmals gepushed, indem der Präsenzzeitraum verlängert wird, um die Kontaktpunkte weiter zu erhöhen. Daher sind die 3er-Pakete auch unsere Bestseller.
Wie kann eine Lösung aussehen?
Inventur
Wir plädieren für eine kritische Inventur der bisherigen Maßnahmen mit Fokus auf die Anpassung des vorherrschenden Recruiting-Mix an die aktuellen Marktgegebenheiten. Das schließt lang- und kurzfristige Maßnahmen gleichermaßen ein. Ist die Inventur gemacht, steht fest, ob die bislang eingesetzten Maßnahmen für die adäquate Besetzung aller Stellen ausreichen.
Falls ja, dann kann bei einer zusätzlichen Budget-Freigabe die Chance genutzt werden entweder die bisherigen HR-Lösungen aufzustocken oder neue Maßnahmen zu testen, um deren Potenzial herauszufinden. Nur weil eine bestimmte HR-Lösung gestern funktioniert hat, heißt das nicht zwangsläufig, dass diese auch morgen noch genauso erfolgreich sein wird. Daher ist die Neugier auf andere Ansätze im Recruiting immer ein guter Weg, um nachhaltig für geeignete Talente zu sorgen.
Fällt das Ergebnis der Inventur jedoch nicht zufriedenstellend aus, sollte der Recruiting-Mix angepasst werden. Das bedeutet nicht immer das Ersetzen aller alten Lösungen. Die zu klärenden Fragestellungen sind: „Was soll mit der Maßnahme erreicht werden?“ und „Welche Zielsetzungen sind erwartbar?“. Dies beinhaltet auch die Wahl neuer Produkte und Dienstleistungen auf die Passung zum Unternehmen und Vakanzen zu überprüfen, um diese im besten Fall in den Mix zu integrieren.
Testen neuer Maßnahmen
Selbstverständlich kann vor einem Test mit neuen Dienstleistern und Produkten der Erfolg nicht garantiert werden. Somit bleibt ein gewisses Risiko. Denn man weiß noch nicht, wie die Lösung im Zusammenspiel mit den eigenen Vakanzen funktioniert. Schließlich werden die Ergebnisse von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst (Standort, Arbeitgeberbewertungen, Gehalt, aktuelle Situation, etc.). Um ein Urteil darüber zu fällen und zu erkennen, welche Chancen sich dadurch ergeben, kann nur ein Test, Aufschluss geben.
Wichtig ist, dass …
Personaler*innen sich immer bewusst sind, dass nix im Status Quo verbleibt. Denn ändert sich ein Einflussfaktor im Recruiting-Prozess, wirkt sich dies auf alle anderen Komponenten aus. Das verdeutlicht die aktuell die Corona-Situation. Homeoffice, Kinderbetreuung und die Suche nach dem Sinn in der eigenen Arbeitsaufgabe haben neue Dimensionen angenommen und werden von Arbeitnehmer*innen verlangt! Arbeitgeber, die hierbei den Kandidat*innen nur schleppend entgegenkommen, haben schlechte Karten. Bieten Unternehmen solche Vorteile an, sollten diese auch nach außen kommuniziert werden. Nur so kann die Zielgruppe auch davon erfahren.
Unsere Learnings
Die Relevanz der Transformation von HR-Prozessen und -Strukturen ist in vielen Unternehmen angekommen. Jetzt gilt es gemeinsam die Weichen für das Gelingen zu stellen. Dafür ist u.a. eine Sensibilisierung aller Abteilungen für die Personalarbeit notwendig.
Recruiting und Employer Branding gehen miteinander einher und können nicht getrennt betrachtet werden. Beide Prozesse sind ein Marathon und sollten nicht länger als ein Sprint gesehen werden.
Personaler*innen können bereits mit kleinen Änderungen viel bewirken. Zu verstehen, dass Recruiting auch Vertriebs- und Marketingarbeit bedeutet, zeigt, dass ein neues Mindset (auch über die HR-Abteilung) hinaus gebraucht wird.
Darüber hinaus hilft die Neugier auf innovative HR-Lösungen, Personaler*innen dabei die neuen Herausforderungen auch lösen zu können. Denn HR kann nicht alles allein bewältigen.
https://ggeasynoobs.de/wp_easy/wp-content/uploads/2021/05/20210511_VB_HR-Transformation_FW.jpg373713Michael Benzhttps://ggeasynoobs.de/wp_easy/wp-content/uploads/2019/01/Webp.net-resizeimage-min.pngMichael Benz2021-05-17 08:00:152021-05-25 11:12:20HR-Transformation: Die neue Rolle von Human Relations
Deine Stellenanzeigen sind mit Spinnenweben überzogen und auf deiner Karriereseite herrscht Grabesstille? Wir wissen, welche Monster im Recruiting lauern und verhelfen dir mit dem passenden Performance Marketing zu einem erfolgreichen Recruiting.